02.09.2024
„Die Stromkosten fressen mich auf“
Gießen: Die Gießener Allgemeine begleitet einen Hausbesuch und berichtet über das Vorgehen der Stromsparhelfer*innen. Die Empfängerin des Angebots zeigt sich gespannt auf die Auswertung des ersten Besuchs und freut sich über die „große Hilfe“.
Hungen (pm). Es ist kurz nach 9 Uhr, als Kirsten Faust mit einem Kollegen an der Tür eines Mehrfamilienhauses in Hungen klingelt. »Hier ist der Stromsparcheck, Faust. Guten Morgen«, sagt sie. Wenig später sitzt die 64-jährige Faust, die eine rote Weste trägt und so als Mitarbeiterin des Gießener Stromsparchecks zu erkennen ist, in einer kleinen Wohnung auf einem Pflegebett.
»Wir werden jetzt die Elektrogeräte messen und dann auch die Lampen prüfen«, erklärt Faust ihrer Kundin Michaela S. »Haben Sie Schimmel oder undichte Fenster?«, erkundigt sich Faust, während ihr Kollege mit dem Diensthandy alte Stromrechnungen, Betriebskostenabrechnungen sowie Einkommensnachweise fotografiert und überprüft.
»Ich bin froh, wenn jemand alles prüft«, sagt Michaela S., die wegen einer schweren Krankheit nicht mehr arbeiten kann. »Miete, Strom und Gas. Da ist meine Rente schnell weg.« 130 Euro betrage die monatliche Stromrechnung. Warum der Stromverbrauch so hoch ist, kann sich die Frau nicht erklären. Sie tippt auf das Kühlgerät, das immer wieder schnell vereise. »Die Stromkosten fressen mich auf. Vielleicht bringt der Check ja etwas und ich erhalte einen neuen Kühlschrank. Das wäre schon eine große Hilfe.«
Geldbeutel und Klima schonen
Das Klima und den Geldbeutel von Menschen mit wenig Geld schonen. Das ist das Ziel von »Hessen checkt Strom!«. Das hessenweite Projekt der Caritas ermöglicht Menschen mit geringem Einkommen, alte Kühlschränke kostenlos gegen neue auszutauschen. Gefördert wird es mit 3,2 Millionen Euro vom hessischen Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt bis Ende 2024. »Wir haben bereits mehr als 200 Kühlschränke ausgetauscht und damit den CO2-Ausstoß um 40 Tonnen pro Jahr reduziert«, sagt Projektleiterin Julia Seßar.
Jeder Haushalt werde durchschnittlich um 150 Euro entlastet. Nach anfänglichen Verzögerungen werden derzeit fast 50 Kühlschränke pro Monat getauscht. Seßar hofft, dass bis zum Jahresende noch Hunderte dazukommen.
Wenig später beginnt in Hungen die Suche nach den »Stromfressern«: Faust und ihr Kollege prüfen jedes angeschlossene Gerät, messen den Stromverbrauch und kontrollieren die Lampen. Auch das Nutzungsverhalten erfragen sie. Zuerst bei den Geräten auf der Küchenzeile, dann im Wohn- und Schlafbereich sowie im Bad. Zuletzt sind die Wasserhähne und Duschköpfe dran. Während ihr Kollege die Geräte durchgeht, dokumentiert Faust alles akribisch. »Wir geben das alles in eine Datenbank ein«, sagt sie. Die Dateneingabe und Recherche dauerten meist länger als die Checks selbst. Die Kühlschrank-Temperatur überprüfen die Stromspar-Checker mit einem mitgebrachten Thermometer. »Das sind 8 Grad und ist völlig normal«, sagt Fausts Kollege. Über einen längeren Zeitraum wird nun auch der Stromverbrauch gemessen.
Ob Michaela S. tatsächlich einen neuen Kühlschrank erhält, lässt sich bei dem Besuch noch nicht sagen. Der Besuch der Stromsparberater wird sich für die Hungenerin aber auf jeden Fall lohnen. Ein defekter Mehrfachstecker und Lampen, die viel verbrauchen, wird Fausts Kollege bei einem zweiten Besuch kostenlos austauschen. »Da können im Monat schnell einige Kilowattstunden zusammenkommen«, erklärt er. Zudem werden die Stromspar-Checker dann auch eine detaillierte Auswertungen und Jahreshochrechnungen für jedes Gerät mitbringen. »Wir schauen uns dann genau an, wo die Stromfresser sind, und geben Tipps, wie man Strom sparen und sein Nutzungsverhalten ändern kann.« Michaela S. freut sich schon darauf: »Ich bin gespannt, was bei der Auswertung herauskommt.«
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